Vortrag und Diskussion mit vielfach ausgezeichnetem Wirtschaftsjournalisten und Buchautor in Westerstede und Bremervörde
Humusaufbauprogramm des landwirtschaftlichen Vollerwerbbetriebs – Hof Icken – in Geestland
Bodenschutz durch Humusaufbau
Humose Böden sind wesentlich weniger erosionsgefährdet als humusarme Böden. Sie sind widerstandsfähiger gegen Witterungsereignisse wie Starkregen, Wind und Trockenheit. Ein humoser Boden kann pro Prozent Humusgehalt bis zu 400 m³ Wasser pro ha zusätzlich speichern. Ein humoser Boden kann Starkniederschläge bis zu 125 l pro m² und Stunde aufnehmen. Das senkt zusätzlich die Gefahr von Überschwemmungen. Ein humoser Boden ist ein enormer Nährstoffspeicher. Pro Prozent Humusgehalt werden z.B. 2.500 kg Stickstoff gebunden, Stickstoff der bei Bedarf von den Pflanzen abgerufen werden kann. Stickstoff, der somit auch nicht als Nitrat ins Grundwasser ausgespült wird.
Klimaschutz durch Humusaufbau
Die grüne Pflanze nimmt durch Photosynthese CO2 auf und wandelt dieses in Sauerstoff und Kohlenstoff um. Dabei wird der Sauerstoff an die Atmosphäre abgegeben und der Kohlenstoff bleibt in der Pflanze fest gebunden. Die grüne Pflanze ist als einziges Lebewesen dazu in der Lage. Bisher ist nicht einmal der Mensch mit all seinen technischen Errungenschaften in der Lage diesen Prozess künstlich nachzubilden. Sobald die Pflanze abstirbt wird sie wieder in ihre Einzelteile zerlegt. Dabei wird der gebundene Kohlenstoff teilweise in Verbindung mit Sauerstoff zu CO2 umgewandelt und an die Atmosphäre abgegeben. Werden die abgestorbenen Pflanzenteile aber in stabile Huminsäuren und somit zu Humus umgewandelt, verbleibt der Kohlenstoff und somit das CO2 im Boden fixiert. Dies bedeutet, wird der Humusgehalt im Boden erhöht wird der CO2-Gehalt in der Atmosphäre reduziert und somit das Klima entlastet. Umgekehrt bedeutet Humusabbau, der fixierte Kohlenstoff wird zu CO2 abgebaut und das Klima wird zusätzlich belastet.
Durch welche Maßnahmen erfolgt Humusaufbau?
Der Humusgehalt des Ackerbodens wird neben dem Ausgangsgestein und dem vorherrschenden Klima maßgeblich von der Art der Bewirtschaftung beeinflusst. Je mehr der folgenden Maßnahmen gleichzeitig eingesetzt werden, desto rascher wird Humus aufgebaut.
Die wichtigsten Maßnahmen sind:
- Düngung mit Kompost (anstelle von Handelsdünger, Gülle oder Jauche) – Kompost ist fertiger Humus und trägt somit am stärksten zum Humusaufbau bei. Je größer die Kompostmenge, desto rascher geht der Humusaufbau vor sich.
- Minimale Bodenbearbeitung (anstelle von Pflug: Grubber, Hacke und Striegel) – je weniger der Boden bearbeitet ist, desto geringer ist der Sauerstoffeintrag und desto stabiler bleibt der aufgebaute Humus bestehen. Im Idealfall erfolgt überhaupt keine Bodenbearbeitung. Die Saat wird mittels Schlitzsaat in bestehende Gründecken eingebracht.
- Dauerbegrünung (anstelle der Herbstfurche und Winterbrache) – nur ein begrünter Boden kann auch etwas leisten; vor allem muss die Bodenbiologie auch im Winter ernährt werden. Der Einsatz von Leguminosen ist für diesen Zweck besonders günstig, da dabei gleichzeitig Stickstoff gebunden und Humus aufgebaut werden kann.
- Fruchtfolge (anstelle von Monokulturen) – durch die Erhöhung der Pflanzenvielfalt erhöht man auch die Wurzelvielfalt und die Stabilität in der Mikrobiologie. Damit werden erst die Grundlagen geschaffen, dass im Boden selbst überhaupt Humus entstehen kann.
- Mischkulturen (anstelle von Monokulturen) – darunter versteht man den gleichzeitigen Anbau von mehreren Kulturen, die gleichzeitig wachsen können und sich gegenseitig positiv beeinflussen. Durch die Erhöhung der Wurzelvielfalt wird der Humusaufbau gefördert.
Ankündigung in der Presse
Pressestimmen
Landwirtschaft kann Klimaschutz – und sollte dafür belohnt werden
Bericht von der Veranstaltung in Westerstede
Gut 50 Interessierte fanden vergangene Woche den Weg in den Jaspershof zum Vortrag von Florian Schwinn „Humuswende – wie die Landwirtschaft zum Klimaretter wird“. Eingeladen hatten vier Organisationen, die „Schutzgemeinschaft ländlicher Raum Nord-West“, der BUND Ammerland, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Küchengarten Westerstede, der auf dem Gelände des Jaspershofes gärtnert und bereits viel Erfahrung mit Humusaufbau gesammelt hat.
Wie wertvoll und wie rar der Boden ist, von dem wir leben, zeigte Florian Schwinn, Journalist und Buchautor, gleich zu Anfang sehr anschaulich, indem er einen Apfel zerteilte. „Wenn die Erde ein Apfel wäre, bliebe abzüglich der Meere, Wüsten, Flüsse und bebauten Flächen gerade mal ein Achtel übrig, auf dem wir unsere Nahrung erzeugen können“, so Schwinn. „Dabei entspricht die wertvolle Bodenschicht, die wir für den Anbau nutzen, dem Staub auf dem Apfel.“
Täglich werden bei uns in Deutschland 60ha dieser ohnehin knapp bemessenen Ressource Boden zubetoniert, und immer sind es die besten Böden, die Autobahnen, Logistikzentren und Wohnsiedlungen zum Opfer fallen. Das hängt damit zusammen, dass unsere Vorfahren sich eben dort niedergelassen haben, wo man gut Nahrungsmittel produzieren konnte.
Was dieser Bodenverlust tatsächlich bedeutet, beginnen wir allmählich zu realisieren. Zersiedelung und Intensivierung der Landwirtschaft haben zu einem dramatischen Rückgang der Insekten geführt. Vögel und andere Tiere verlieren dadurch ihre Nahrungs- und Lebensgrundlage. Etliche von ihnen gelten inzwischen als gefährdet oder sind sogar schon ausgestorben.
Aber was hat der Boden, was hat Humusaufbau damit zu tun? Schwinn nahm seine Zuhörer mit auf eine faszinierende und spannende Reise in die Unterwelt. Denn was da unter unseren Füßen ungesehen und unbemerkt arbeitet, ist der größte Biotopkomplex, den es auf der Erde gibt, mit den meisten Arten, von denen wir jedoch erst einen Bruchteil kennen. In einem Kubikmeter Boden tummeln sich neben den uns bekannten Regenwürmern, Käfern und Käferlarven, Spinnen, Asseln und Springschwänze, zusätzlich noch unzählige exotisch anmutende Wesen, die alle dafür sorgen, dass organische Substanzen zersetzt werden und Humus entsteht.
Diese Fähigkeit des Bodens Kohlenstoff zu speichern, könnte uns die notwendige Atempause geben, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Denn wenn auf den weltweit landwirtschaftlich genutzten Flächen pro Jahr nur 4 Promille mehr Humus aufgebaut würde, könnte der gesamte jährliche Kohlendioxidausstoß im Boden gespeichert werden – und wir hätten fruchtbarere Böden als heute.
Durch den Einsatz schwerer Maschinen, sowie ein Übermaß an Nährstoffen und Pestiziden zerstören wir das Bodenleben und den Humusanteil. Die Böden werden verdichtet, können bei Starkregen das Wasser nicht aufnehmen, werden weggeschwemmt oder weggeweht.
Schwinn ermutigte die Landwirte, sich für eine Änderung der Agrarpolitik einzusetzen: Statt pauschaler flächengebundener Agrarsubventionen, die letzten Endes durch Pachtzahlungen, marktbedingte Abschöpfungen und zu geringe Preise gar nicht bei den Bauern ankommen, sollten sie für die Art der Bodenbearbeitung – und dabei speziell für den geleisteten Humusaufbau – gefördert werden. Das würde letzten Endes uns allen zu Gute kommen.
Bericht: Angelika Berns
Bremervörder Zeitung – 13.3.2020